Sylvester 1998 - Jane Parker-Smith, Großbritannien
TIP KLASSIK: Jane Parker-Smith
Bonner Orgelfreunde dürften Jane Parker-Smith (London) längst kennen. Die britische Organistin hat sich eine reihe hochrangiger Auszeichnungen erspielt. Unter anderem ermöglichte ihr ein Stipendium der französischen Regierung, bei Jean Langlais in Paris französische Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts zu studieren. Und gerade für französisches Repertoire ist die klangmächtige Oberlinger-Orgel in der Kirche St. Joseph in Bonn-Beuel besonders geeignet, es wird dort regelmäßig auch in internationalen Konzertreihen gepflegt. So ist das Instrument für Jane Parker-Smith seit inzwischen 17 Konzerten eine Herausforderung. Allein sieben Konzerte zum Jahresschluß hat sie schon in Beuel gegeben. Auch jetzt gestaltet Jane Parker-Smith am späten Sylvesterabend eine Orgelstunde mit heiterer Note, speziell abgestimmt auf Ort und Anlaß. In ihrem Programm treffen Komponisten wie ihr Landsmann Sir Edward Elgar und Astor Piazzolla aufeinander, der argentinische Meister des neuen Konzerttangos. Ein weiteres Bonbon für die Besucher an Sylvester: Sie können nicht nur hören, was gespielt wird, sondern der Organistin auch auf die Finger sehen. Hans-Peter Reiners, der die weithin beachteten Konzerte organisiert, läßt die Orgel per Videoprojektor für das Publikum "herunterholen". Ein Großbildprojektor zeigt das Instrument und die Interpretin überlebensgroß, "damit die Leute nicht immer sagen: Die Orgel spielt." Das Konzert in der Sylvesternacht am Donnerstag, 31. Dezember, in der Pfarrkirche St. Joseph, Bonn-Beuel, Hermannstraße, beginnt um 22.45 und endet vor dem Feuerwerk. Karten (DM 15/10) an der Abendkasse.
(MK)
Die Organistin Jane Parker-Smith gastierte zum Jahresende in St. Joseph
Tango-Schmelz auf der Orgel
Es war wieder einmal soweit. Als draußen einige Kracher und Raketen probegezündet wurden, da bliesen Orgel-Trompetensignale der "Fanfare" von Percy Witlock in St. Josef die letzten Takte des Jahres 1998 an. Jane Parker-Smith spielte auf der Oberlinger-Orgel - und es kamen sehr viele Zuhörer. Durch ihre billanten Interpretationen und hohen Orgelspielkünste hat sich die englische "Orgel-Lady" ihr Publikum im Köln-Bonner Raum erobert. Zudem war ihre Werkauswahl wieder farbig und originell.
Da fühlte sich Jane Parker-Smith nicht zu schade, den "Adios Nonino"-Tango von Astor Piazolla im Satz von German Torre in ihr ohnehin abwechslungsreiches Programm aufzunehmen. Im Original ist dieser Tango schon ein Ohrwurm, den Piazolla im Andenken an seinen Vater, Vincente (Kosenamen "Nonino") komponierte. Jane Parker-Smith schaffte es, dieses kleine argentinische "Requiem" nach dem Original zu instrumentieren und wußte gut den Bandoneon-Schmelz zu imitieren. Mit dem Charme und dem dezenten Swing-Unterton der Chansons von Charles Trenet belebte sie das humorvolle "Penguin's Playtime"-Stück von Nigel Ogden. Dagegen zog Jane Parker-Smith alle Register der Oberlinger-Orgel in dem pathetischen "Postlude in D" von Henry Smart, um die sanfteren Kantilenen-Teile zu kontrastieren. Exzellent, wie sie packend den immer wieder gern gehörten "Pomp and Circumstance"-Marsch mit der "Land of Hope and Glory"-Hymne von Elgar darbot, eher ruhig und besinnlich dagegen hielt sie eine "Pavane" von Fauré. Sinn und Verständnis auch für große Formen demonstrierte Jane Parker-Smith schließlich mit der "Christmas (Adeste fideles)" - Fantasie von Gaston Dethier. Sie interpretierte das Werk im Stil einer französischen Orgelsinfonie und ließ darin Krummhörner und näselnde Oboen ein pastorales "Herbei, o ihr Gläubigen"-Thema anstimmen.