21. November 1999 - Michel Chapuis, Versailles
Abschluß des 37. Bonner Orgeltriduums in St. Joseph Michel Chapuis, Jahrgang 1930, Titularorganist an der Schlosskapelle in Versailles, hatte ein Programm vorbereitet, dass mit Werken von Jacques Boyvin, Georg Böhm, Nicolas de Grigny, Nicolas Séjan, Johann Christian H. Rinck und César Franck Literatur der letzten drei Jahrhunderte umfasste. Dabei gelang der chronologischen Abfolge die anschauliche Darstellung einer stilistischen Entwicklung. Besonders deutlich wurde dies an der Gegenüberstellung der beiden Partiten über "Freue dich sehr oh meine Seele" von Böhm und - hundert Jahre später - von Rinck. Während der ältere Komponist das Thema in der Reihe seiner Variationen nur durch Umspielung oder wechselnde Registrierung verändert, wendet der jüngere bereits eine Art von Verfremdung an, die sich vom ursprünglichen Material deutlich zu entfernen scheint. Zuvor war Michel Chapuis in "Dialogui de Chromorne an taille et de Tierce séparée" von Boyvin der verblüffende Effekt gelungen, Ungleichzeitiges gleichzeitig erscheinen zu lassen, indem er eine kurze Phrase jeweils dynamisch reduziert dreimal wiederholt, was aufgrund der Akustik dazu führte, dass die letzte, leiseste der Wiederholungen, mit dem Nachhall der ursprünglichen Phrase verschmolz. Mit César Franck, der in den beiden vorangegangenen Konzerten ebenfalls vertreten war, kam dann eine ganz anderen, in Bezug auf den umfangreichen Choral Nr. 2, h-Moll, geheimnisvolle Farbe ins Spiel. Abschließend steuerte der Organist sozusagen als Ausflug in die Gegenwart eine (eigene) Improvisation bei, als deren strukturelles Merkmal sich ein durchgängiges, dabei nach Höhe strebendes Crescendo unschwer ausmachen lässt. (Fritz Herzog) |