15. November 1998 - Pierre Pincemaille, Frankreich
Pierre Pincemaille in St. Joseph Er ist ein musikalisches Pulverfaß, ein Tausendsassa; wie auch immer man Pierre Pincemaille auch charakterisieren mag, klar ist, daß der Titularorganist der nahe Paris gelegenen Kathedrale von St. Denis bei seinem Konzert in St. Joseph sozusagen alle Register zog. Er hatte ein reines Improvisationskonzert angesetzt. Erstaunlich war, wie er es schaffte, über anderthalb Stunden hinweg ein Niveau zu halten, das keine schwache Minute enthielt. Selbst in Momenten, in denen er etwas abgespannt wirkte – nach zwei im Zuge einer CD-Aufnahme durchspielten Nächten kein Wunder – lieferte er exquisites musikalisches Handwerk. Die Improvisationen im Stile Bachs – sechs Choralvorspiele über „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ sowie ein Präludium samt Fuge – zeichneten sich durch eine kunstvoll durchformte Polyphonie aus, die mehr war als nur ein stilistisches Gerippe, zu dem viele derartige Stilimitate geraten. Gerade bei den Choralvorspielen war es interessant, wie Pincemaille den Choral durch die verschiedensten Verarbeitungstechniken in einem immer anderen Licht erschienen ließ. Mit einer Suite de Danses, die eine Reverenz an Pierre Cochereau, den ehemaligen Titularorganisten von Notre-Dame in Paris, war, schlug Pincemaille den Bogen zu seinem eigenen Stil, der reifer und abgeklärter geworden zu sein scheint. Im Detail legte er hier ein großes Raffinement an den Tag, das sich im subtil getroffenen Charakter der Sätze ebenso wie in einer thematisch und harmonisch einfallsreichen Gestaltung zeigte. Genauso wie der abschließende, von Pincemaille als Introduktion, Thema und Variationen umgesetzten Improvisation über das Lied "Gottheit tief verborgen" verstand er es, einen formal schlüssigen Bogen zu schlagen und das Thema auf alle nur erdenklichen Arten zu verarbeiten. (Bonner General-Anzeiger, Guido Krawinkel)
Konzert des Organisten Pierre Pincemaille in St. Joseph |