Die Orgelkonzerte 3
Die Orgelkonzerte an St. Joseph - Eine französische Enklave in Bonn-Beuel - Teil 3
Von Guido Krawinkel
Aus Anlaß des 300. Orgelkonzertes am 6. Oktober 1996
Natürlich kann und will die Orgel von St. Joseph keine perfekte Cavaille-Coll Kopie sein. Sie ist ein modernes Instrument, das den Bauprinzipien einer vergangenen Epoche entsprechend gestaltet wurde, wobei man natürlich versucht hat, dem Original unter Berücksichtigung der anderen Gegebenheiten (schließlich ist St. Joseph keine französische Kathedrale mit einem entsprechenden Nachhall) möglichst nahe zu kommen. Das Echo, das die Orgel St. Joseph bei französischen Organisten findet, spricht in dieser Hinsicht für sich: "Ein prachtvolles Instrument und unvergleichliche Freude" schrieb Pierre Cochereau in Reiners' Gästebuch, "Tausend Dank an Hans Peter Reiners für die Einladung, an seiner schönen Orgel zu spielen, die mir erstmals eine vollkommen von jeder materiellen Sorge befreite Konzentration erlaubte" Andre Fleury, Michel Estellet-Brun räumte ein "Welche Lektion für Frankreich! Hier eine Orgel zu finden, so wie man sie in Frankreich zerstört hat!" und die Meinung Yves Devernays fiel nicht weniger enthusiatisch aus: "Das Feinste vom Feinen ist die Orgel meines Freundes Hans, ich habe von ihr reden hören, aber sie hören und spielen war für mich wie eine Offenbarung. Nun, wir müssen die Grenze überqueren, um Franck, Vierne und Widor zu spielen."
So wagemutig Reiners' Unterfangen, Anfang der 80er Jahre eine französische Orgel zu bauen, auch anmuten mochte, so eindeutig hat ihm doch der Erfolg recht geben. Seiner Zeit voraus war er ebenfalls mit der Idee Interpretationskurse zu veranstalten, damals ein Unikum, heute gang und gäbe. Mit dem von ihm gegründeten Arbeitskreis für Orgelkundliche Studienreisen veranstaltet er darüber hinaus Fahrten nach Frankreich, auf denen bekannte, aber auch unbekannte Instrumente besichtigt werden. Dennoch sind die Zeiten schwerer geworden: die Unterhaltung der Orgel kostet Geld, die Kosten steigen und das Publikum, das durch das reiche kirchenmusikalische Bonner Konzertleben hart um kämpft ist, kann eben nicht beliebig vermehrt werden. Zuschüsse von Seiten der Stadt gibt es seit Jahren nur noch für die Konzerte, die im Rahmen der Konzertreihe "Orgelstadt Bonn" stattfinden, in der die wichtigsten Instrumente der Stadt - St. Elisabeth (Klais, 1910), Münsterkirche (Klais, 1961/82), Kreuzkirche (Ott, 1956) und St. Joseph zusammengefaßt sind.
Auch nach 300 Konzerten kann der organisatorisch gewiefte Hans Peter Reiners das hierfür nötige Geld nur mit viel Engagement auftreiben. Durch den Förderverein erfährt er zwar viel Unterstützung, was alleine jedoch nicht ausreicht. Mit einer Videokamera, von der der Organist aufgeannommen wird, was die Zuschauer dann auf einer unten im Kirchenschiff befindlichen Leinwand mitverfolgen können, zeigt sich Reiners wieder als experimentierfreudiger Idealist, der auch neue Wege beschreitet, wenn es darum geht, seine Orgel dem Publikum näher zu bringen. Man darf also auch weiterhin auf die Zukunft gespannt sein!